Liebe ist bedingungslos, Beziehung nicht. (3)

Der Hund als Symptomträger
Hunde leben nicht in einem luftleeren Raum, sie sind Teil einer sozialen Gruppe, innerhalb derer sie interagieren. Sie etablieren individuelle Beziehungen und Rollen, von denen sie abhängig sind und über die sie ihr Selbstbild entwickeln. Sie kommen mit unterschiedlichen Charakteren, rassespezifischen Potenzialen und Talenten und der genetischen Grundausstattung eines Hundes zur Welt. In der Regel wachsen sie in unseren Breitengraden in Abhängigkeit des Menschen auf. Ihre Umwelt ist so wandelbar und flexibel wie die unsere. Dafür sind sie mit einer großen Anpassungsfähigkeit und einem komplexen Lernverhalten ausgestattet. Bevor man ein problematisches Verhalten eines Hundes erklären kann, müsste man zunächst die einzelnen Interaktionspartner in dieser Konfliktsituation und die Umweltbedingungen beschreiben können. Erst in der kommunikativen Schnittmenge zwischen Mensch und Hund findet man Hinweise auf Veränderungspotenzial. Ein Problem beginnt erst dann, wenn es empfunden wird und an dieser Stelle kommt der Mensch ins Spiel. Sicherlich ist das andere Ende der Leine nicht Schuld an den Schwierigkeiten, aber es ist beteiligt. Wir sind die, die ein Problem haben, wenn ein Hund beispielsweise jagen geht, nicht der Hund. Der wundert sich wahrscheinlich mehr über unser seltsames Verhalten im Wald.

Ein Hund ist ein Hund, ist ein Hund.
Schaut man sich den Hund an, so könnte man grundsätzlich beschreiben, dass er genetisch und biologisch betrachtet ein Lauftier, ein Jäger und ein Langstreckentraber ist. Darüber hinaus lässt sich die Rasse unter die Lupe nehmen. Wofür wurden die Hunde gezüchtet, welche Besonderheiten bringen sie mit? Ein Border Collie ist kein Bullmastiff. Wir haben glücklicherweise über 400 Rassen gezüchtet, damit man sich das zu einem passende Problem aussuchen kann. Das Alter und die hormonelle Entwicklung können ebenfalls wichtig sein. Was hat er gelernt und erfahren? Wie wurde er sozialisiert und erzogen? Wie wird er gehalten? Darüber hinaus wäre ein Blick auf seine Umweltbedingungen von Nöten. Es ist sicherlich unproblematischer, einen bellfreudigen Spitz auf dem Land in Alleinlage zu halten, als in der Zwei- Zimmer-Wohnung in einer Großstadt.

Anschaffungsgründe und die Erwartungen
Die fachliche Beobachtung und Beschreibung eines Hundes ist bereits ein großes Projekt, wenn nun auch der Mensch dazu kommt, wird es wirklich bunt. Die Gründe, sich einen Hund anzuschaffen, können mannigfaltig sein. Die Funktion des Hundes hat sich vom Arbeitshelfer hin zum Sozialpartner geändert. Im Prinzip bieten Hunde eine Projektionsfläche für alles. Sie können helfen, sich nicht einsam zu fühlen oder auch andere Menschen kennenzulernen. Sie geben menschlichen Paarbeziehung mehr Verbindlichkeit, dienen als Kind – oder auch Enkelkindersatz. Sie können ein Teil der Freizeitbeschäftigung darstellen oder ein Stück Natur sein, das man sich ins Haus holt. Sie bleiben im Haus, selbst wenn sie erwachsen sind und man kann sich um sie kümmern, sie streicheln oder sie umsorgen. Man kann über sie seine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, sie unterstreichen und seine Gefühle ausleben. Man kann sie erziehen, wie man selbst erzogen wurde oder alles besser machen. Sie schützen Menschen, die ängstlich sind. Manchmal dienen sie auch als verlängertes Ich und verhalten sich so, wie sich Menschen nie trauen würden sich zu verhalten. Die jeweilige Funktion des Hundes bestimmt die Kommunikation zwischen Mensch und Hund. Sie geht einher mit Erwartungen an den Hund. Sie kann sogar den Erziehungsstil festlegen. So können manche Menschen versuchen, alles am Hund wieder gut zu machen, was ihnen bei anderen nicht gelungen ist oder sie finden im Hund jemanden, demgegenüber sie ihre Macht demonstrieren können, jemand, der auf sie hört. Es geht an dieser Stelle nicht um eine Bewertung, sondern darum, aufzuzeigen, wie individuell eine Mensch-Hund-Beziehung ist. Wenn es nun zu Schwierigkeiten kommt, lassen sich diese nicht einfach durch die Arbeit am Hund verändern.

Autorin: Nadin Matthews
Mehr unter www.dogument.de

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